Im Interview bei Futurezone.at (Oettinger will Vorratsdaten-Neuauflage bis Ende 2016) leistet sich Günther Oettinger eine Bankrotterklärung. Ansonsten hat er nach meiner Einschätzung als Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft auch bisher nichts anderes geleistet als Bankrotterklärungen.
Im Interview kommt Futurezone.at auf den Punkt der Netzneutralität:
Sie sind für Netzneutralität, fordern aber Ausnahmen, etwa für selbstfahrende Autos und Notrufsysteme. Das will auch die Telekommunikationsindustrie. Dabei würde doch keine Firma lebenswichtige Systeme von einer Internetverbindung abhängig machen.
Welche Meinung, welche Ansicht hat also der Politiker Oettinger? Wie kommt Oettinger auf Ausnahmen für die Netzneutralität, wie begründet er sie? Wieso also vertritt er als Politiker, der vom Souverän Volk bezahlt wird, eine bestimmte Position?
Diese Argumente werden mir von den Autobauern genannt.
Nein, Oettinger hat keine Argumente. Er redet Argumente einer Wirtschaftsbranche nach. Er sagt nicht, er habe sich aufgrund mehrerer Argumente und Argumentationen aus unterschiedlichen Quellen ein Bild, eine Meinung und eine Position erarbeitet.
Oettinger verschleiert das noch nicht einmal mit einem Hinweis, seine Berater hätten alle Argumente analysiert und hätten ihm aufgrund dieser Analyse eine Position erarbeitet. Nein. Oettinger übermittelt ganz offen, dass er keine Argumente habe und brauche, weil die Autobauer sie ihm ja geliefert hätten.
Offenbar ist Oettinger das dann zu offen(sichtlich), denn er schiebt noch schnell einen Allgemeinplatz hinterher:
Die Beweislast liegt selbstverständlich bei denen, die solche Dienste anbieten wollen.
Doch kurz darauf offenbart Oettinger seine innere Haltung erneut. Futurezone möchte wissen, wie er zu den Gegenargumenten steht:
Was sagen Sie zu den Gegenargumenten?
Ich muss nicht verteidigen, was nicht benötigt wird. Ich bin selber ein normaler Bürger und will auch für mich möglichst viel Neutralität.
Die Autobauer geben ihm Argumente, worauf er eine Position einnimmt und alle Gegenargumente für ihn unnötig sind. Und weil Gegenargumente unnötig sind, will er die Netzneutralität der Autobauer für sich als „normaler Bürger“.
Oettingers ist so blind, dass er es nicht einmal bemerkt. Es ist, als ob er sein Leben lang eine Brille trägt, die seinen Blick rund um die Uhr verzerrt. Oettinger sieht nur die Schatten und nicht die Wirklichkeit.
Ich hatte einen Traum
Ich hatte einen Traum, einen tief in der Demokratie verwurzelten Traum – eines Tages würde Europa zu seiner Überzeugung stehen und sie leben. Dass alle Argumente gleichgewichtig unabhängig von ihrer Herkunft sind. Egal, ob sie von einem Armen oder einem Reichen, einem Arbeitslosen, einem Verein oder einem Unternehmen sind. Dass in einer Demokratie das Volk herrscht und nicht Teile des Volkes herrschen. Dass die Volksvertreter und ihre Organe im Auftrage ihres gesamten Souveräns Argumente abwägen und dann entscheiden.
Notizen am Rande
- Oettinger, Politiker und Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, hat als Person des öffentlichen Lebens keine eigene Website (zumindest keine, die innerhalb von ein paar Minuten zu finden gewesen wäre). Auch eine Aussage.
- Als Bürger der Europäischen Union musste ich mich mit meinen persönlichen Daten registrieren, um ein offizielles Foto des Kommissars für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in akzeptabler Auflösung herunterzuladen. Auch eine Aussage.
Bildquelle
- European Commission Audiovisual Services („Participation of Günther Oettinger, Member of the EC, at the 2015 Hannover Messe“)
Nachtrag: Lesehinweis
- Will Oettinger sich selbst dekonstruieren? Wir helfen ihm dabei. (Anna Biselli auf Netzpolitik.org)