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10 Jahre als Blogger: Nichts als Catcontent?

So what? Chacun à son goût.

Mein 10-jähriger Geburtstag als Blogger ist noch etwas hin. Dennoch blogge ich Tom entgegen: “Wie kommst Du dazu, Blogger in Anführungszeichen zu setzen?”.

Ach, Tom, steh dazu! Auch wenn ich noch nicht die elf Jahre voll habe so wie Du, weiß ich dennoch: Du bist Blogger ohne Anführungszeichen. Wir haben uns irgendwann mal persönlich getroffen, vor ewigen Zeiten. Und, so glaube ich, irgendwann dann noch einmal. Online liefst Du mir gelegentlich mal über den Weg. Und wenn ich Deinen Artikel so lese, dann stelle ich fest: Du bist Blogger.

HerrIdefix auf der Couch

Stimmt: Die Blogosphäre hatte viel mehr Potential als das, was letztendlich aus ihr wurde. Die Gespräche finden sehr oft woanders statt – oft ohne wirkliche Gespräche sondern mit Likes, Favs und Links. Oder mit Tumblogs. Oder mit kurzen Mitteilungen. Oder mit Catcontent. Aber Blogs sind nicht nur Catcontent. Und selbst wenn?

Auch ich querposte die Links zu meinen Artikeln auf Twitter, Facebook und Co. Vielleicht bin ich ein Unbelehrbarer, dass ich immer noch blogge. Aber die Gespräche finden statt. Chacun à son goût. Nicht jeder will sich ein Blog ans Bein binden. Denn das ist viel Arbeit. RSS ist tot. Nicht für mich, aber außer den Hardcore-Webbern erschließt es sich nur wenigen. Es hätte… hat es aber nicht.

Ich bin kein gestandener Medienprofi. Vielleicht habe ich – nein bestimmt habe ich – irgendwann einmal davon geträumt, etwas zu bewegen. Gehört zu werden. In der Tagesschau zitiert zu werden. Ich bin kein Massenmedium. “Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt” – und ich mache es gerne. Denn für mich ist Bloggen nicht nur das Schreiben sondern recherchieren, rezipieren, innerlich verarbeiten, darüber sprechen, mit anderen verarbeiten. Und auch schreiben, fotografieren oder was auch immer wie kreieren.

Roastbeef mit Ingwergemüse
Roastbeef mit Ingwergemüse

Das ist mir in den fast zehn Jahren so wichtig gewesen, ist es immer noch und wird es auch nach dem 9. Juli noch sein. Das, was da irgendwo im Netz von mir geschrieben oder fotografiert steht, ist nur ein Teil von mir als Blogger. Und auch ein Roastbeef muss nicht mager sein.

So what? Chacun à son goût.

Und das ist gut so. Ja, es gibt kleine und große Informationshäppchen und irgendwas dazwischen auch. Und die sind manchmal da und manchmal dort besser abzulegen – oder werden da oder dort besser aufgenommen.

So what? Chacun à son goût.

Ich saß nie im Flughafen in Reykjavik, Kraftwerk ist nicht meine Lieblingsband, aber auch die Eagles oder die Stones oder BAP oder … hätte ich wahrscheinlich nicht fotografiert oder verbloggt oder verselfiet. 90–9–1-Regel? Mag sein. Es gibt viele, vielleicht viel zu viele kleine Informationshäppchen. Aber spielt das eine Rolle?

So what? Chacun à son goût.

Ich abonniere tatsächlich immer noch viele Blogs und auch Nicht-Blogs. Ich lese viel. Zuwenig wirklich in Ruhe. Aber ich entscheide darüber, und ich pendele mal da und mal dort hin. Mir sind die ständigen Links auch zu viel. Das Schlimmste daran: Ich bin Teil dieser Linkwirtschaft. Vielleicht habe ich irgendetwas für einen Entwicklungssprung der Blogosphäre getan, wahrscheinlich aber nicht. Bestimmt nicht. Mit fast 54 Jahren bin ich realistisch genug einzuschätzen, dass das auch für die Zukunft äußerst unrealistisch ist. Ich blogge, weil ich gerne lese/rezipiere, mich austausche, lerne. Ich will die Welt (nicht mehr) verändern.

So what? Chacun à son goût.

Ich frage nicht nach der Existenzberechtigung für dieses Blog oder für meine anderen Blogs. Bloggen bringt mir was, macht mir Spaß und vor allem: Es bringt anderen was. Und ich will Freude schenken. Ja, ich schreibe auch nicht mehr so viel wie vor 10 Jahren. Dafür habe ich damals nur kleine Informationshäppchen gebloggt, die – wäre ich da schon auf Facebook gewesen – dort besser aufgehoben gewesen wären. Mein erstes Blog, das INJELEA-Blog, gibt es noch. Inzwischen gibt es noch den Schreibenden, den Entspannenden, das Meine 365.

HerrIdefix - The Guard of iPad
HerrIdefix – The Guard of iPad

Von meiner eigenen Arbeit habe ich in den bald zehn Jahren so gut wie nichts geschrieben. Dennoch gibt es Verknüpfungen, Verbindungen, “Learnings”. Ich muss der Welt nicht mitteilen, dass mein Kater gerade auf meinem iPad liegt. Das muss ich genauso wenig, wie Du, Tom, das mit Deiner Tochter mitteilen musst. Aber das ist ein Teil von mir, den ich bereit bin zu teilen.

So what? Chacun à son goût.

Mir hat das Bloggen was gebracht, und das tut es immer noch. Das sind nicht nur die Inhalte in meinen Blogs. Es ist das Bloggen (recherchieren, rezipieren…) als Prozess, das mich über Vieles nachdenken und das mich vor allem Vieles verarbeiten lässt. Gelegentlich finde ich in dieser schlecht sortierten Ablage auch etwas. Aber das Tun ist mir oft mindestens genauso wichtig wie das Getan zu haben. Ich bin auch deswegen ein anderer Mensch geworden und habe mich deswegen auch weiterentwickelt. War das bei Dir nicht der Fall, Tom? Warum hast Du es dann 10 Jahre gebloggt? Weil Du viel über Gadgets oder Software geschrieben hast?

Es haben Dich aber doch Themen in Deinem Blog nachhaltig beeinflusst, Tom. Hast Du vielleicht deswegen doch mehr als 10 Jahre gebloggt? Hast Du vielleicht diesen Artikel geschrieben, weil das Schreiben selbst Dich beeinflusst? Oder vielleicht, weil es Dir Dinge bewusst werden lässt?

Keyboard

Mein Publikum: Total vermischt. Für eine Freundin ist der Sonntag ihr Lesetag, an dem sie durch meine Blogs an meinem Leben (und das meiner Frau) teilnimmt. Jemand bedankt sich bei mir für einen “fachlichen” Artikel. Jemand bestellt einen Kopfhörer aufgrund meines Artikels. Jemand fragt mich zu einer Kooperation an, weil er mich aufgrund meines Blogs kennt. Das macht mich glücklich. Die Gespräche finden statt. Kaum in den Blogs, so wie ich zumindest es mir irgendwann einmal gedacht hatte. Aber es gibt ein Darknet, das über Mails, Whatsapps, Telefonate, persönliche Gespräche, Diskussionen existiert.

Tom, Du meinst, es sei eigentlich kein Blog mehr sondern ein Content Management-System, in dem Du Inhalte sammelst. Besucher laden sich Deine Software für Kindle-Notizen runter. Besucher schauen sich Seiten an, bekommen Tipps von Dir. Du nennst es Ablage, hast nicht den Anspruch, regelmäßig zu publizieren. Doch es kommt nicht auf das Label an. Du magst ein anderes draufkleben, aber wichtig ist, was sich in Deinem Kopf tut.

Vielleicht entscheidest Du Dich irgendwann, den Stöpsel zu ziehen.

So what? Chacun à son goût.

Bloggen ist mehr als Catcontent. Aber ohne es kann ich mir das Bloggen trotzdem nicht vorstellen.

P.S. Den Blogger ohne Anführungszeichen wirst Du auch durch das Stöpsel ziehen nicht aus Deinem Kopf bekommen 😉

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Von Der Schreibende (Frank Hamm)

Der Schreibende (* 1961 in Ingelheim am Rhein als Frank Hamm) ist Kultur- und Weinbotschafter Rheinhessen, Autor und Wanderblogger | #Blogger, #Jogger, #SunriseRun & #Wandern | #Rheinhessen & #Hawaii Fan. Ich lebe in der Ortsgemeinde Selzen in #Rheinhessen, ca. 15 km südlich von #Mainz. Beiträge dieses Blogs werden automatisch im Fediverse als @frank@derschreiben.de geteilt. Kommentare erscheinen nach Freischaltung beim Blogartikel. Als Person findest Du mich im Fediverse unter DerEntspannende@Digitalcourage.social. Im Blog Der Entspannende berichtet ich über das Entspannen bei Wandern, Genuss und Kultur.