Seit vielen Jahren erfahre ich, wie katastrophal die digitalen Zustände in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern sind. Bereits 2010 nutzte ich während unseres Hawai’i-Urlaubs mobil und unkompliziert das schnelle Internet am Flughafen, im Café und in öffentlichen Gebäuden. Immer wieder bekomme ich über mein Netzwerk mit, wie wunderbar die persönliche digitale Transformation für Freizeit und Beruf sein kann – im Ausland. In Deutschland leben die Gesetzsprechung und die Rechtsprechung jedoch mindestens einige Jahre hinter dem real exisitierenden Digitalismus.
Doch jetzt tut sich etwas im Dämmerland.
Anbieter von WLAN-Hotspots künftig für Rechtsverstöße ihrer Kunden nicht mehr haftbar http://t.co/3ZL1wiGYtp
— Uwe Knaus (@uknaus) 17. September 2015
Zwei Dinge hat die Bundesregierung nach vielen Jahren endlich verstanden: WLAN-Hotspots müssen unkompliziert sein, und wir liegen im Mittelfeld.
Über WLAN-Hotspots kann jeder mobil und unkompliziert das schnelle Internet nutzen – am Flughafen, im Café, in Rathäusern oder anderen öffentlichen Orten. Deutschland liegt bei der Verbreitung von WLAN-Hotspots im internationalen Vergleich aber nur im Mittelfeld.
(Bundesregierung.de: Telemediengesetz im Kabinett – Mehr WLAN-Hotspots im öffentlichen Raum, Hervorhebungen von mir)
Tatsächlich, als Nutzer will ich unkompliziert das schnelle Internet nutzen. Das bedeutet:
- Kein unbequemer Login mit Vertrag und Authenifizierung
- Schnelles Internet
Bisher war das alles kompliziert und meist auch langsam. Denn beispielsweise ein Café-Besitzer muss Angst um eine Klage haben – und knipst dann sein WLAN aus. Die meisten kostenlosen öffentlichen WLANs sind entsprechend langsam – weil der Vertrag und die Verwaltung der Zugänge Geld kostet und ein Provider im Boot sein muss, um die Störerhaftung zu umgehen. Und schnelles Internet kostet noch mehr Geld, das sich ein kleines Geschäft nur selten leisten kann.
Doch jetzt beschließt die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf – und packt genau das, was bisher nur als Rechtsprechung exisitiert (d.h. die Störerhaftung für WLANs) und was die WLANs kompliziert und langsam macht, in ihren Gesetzesentwurf (Hervorhebung von mir):
Zudem wird klargestellt, dass der WLAN-Anbieter nicht als Störer auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Dafür muss er sein WLAN angemessen gegen den unberechtigten Zugriff sichern und die Zusicherung des Kunden einholen, dass der keine Rechtsverletzungen begehen werde.
Nein, ich habe den Gesetzentwurf nicht gelesen. Aber ich habe genügend Kommentare von kompetenten Digitalistikern gelesen, und ich kenne unsere Bundesregierung gut genug, um mir die Konsequenzen realistisch auszumalen und mir meine Meinung zu bilden.
Letztendlich bedeutet dies nämlich, dass jeder Nutzer vor der Nutzung eines öffentlichen WLANs beim WLAN-Anbieter einen Vertrag abschließen und Kunde werden muss. Dazu muss der WLAN-Anbieter (Café, Kaufhaus, Kommunen) wieder einen Dienstanbieter ins Boot holen, der die Login-Verwaltung übernimmt. Der Kunde muss in einem Vertrag den WLAN-Anbieter aus der Haftung entlassen. Das läuft nach meiner Überzeugung und mit diesen unseren deutschen Gerichten darauf hinaus, dass
- der Kunde einen Vertrag inklusive Identifizierung (evtl. sogar „ladungsfähige Anschrift“?) abschließen muss,
- der Kunde sich identifiziert einloggen muss (also kein WLAN-Login sondern Web-Login),
- der Kunde sich mit jedem seiner Geräte per Web-Login einloggen muss,
- der Kunde alle paar Minuten wegen Inaktivität aus der Session geschmissen wird,
- der WLAN-Anbieter einen teueren Vertrag mit einem WLAN-Dienstanbieter (z.B. Deutsche Telekom) abschließen muss, weil er die ganze Verwaltung nicht machen will und kann,
- das WLAN eben nur dann schnell ist, wenn der WLAN-Anbieter richtig Kohle hat (also nicht bei Kommunen oder kleinen Cafés)
Also derselbe Mist, weswegen die meisten öffentlichen kostenlosen WLANs de facto nicht nutzbar sind:
Kaum einer kann WLAN-Hotspots mobil nutzen, weil die Nutzung kompliziert und das Internet langsam ist.
Vielen Dank, liebe Bundesregierung #Not