Mein Heimatgefühl ist für mich, gerne wieder zu kommen. Nach Hause zu kommen und mich wohl zu fühlen. Meine Wurzeln zu spüren.
Früher, da war Höchst im Odenwald meine Heimat. Denn dort wuchs ich auf bei meinen Eltern und meiner Omi. Ich ging dort zur Schule, später in der Nähe aufs Gymnasium. Später kam ich immer wieder gerne dorthin zurück. Auch heute noch verspüre ich Heimatgefühle, wenn ich zurückkehre. Jeder Besuch spült Erinnerungen hoch. An die Eltern, die Omi, die Schulen, den Steinbruch, den Wald, die Eisenbahn.
Doch obwohl ich vor über fünf Jahrzehnten diese Welt betrat, wachsen meine Wurzeln immer noch. Selten bemerke ich es sofort. Doch irgendwann kehre ich irgendwohin zurück, und da spüre ich die Wurzeln, meine Heimatgefühle. Manchmal werde ich richtig sentimental. München hat so etwas, das diese Gefühle hervorbringt. Etwa zwei Jahre verbrachte ich bei München. Englischer Garten, Viktualienmarkt, Fürsti. Viele Jahre war das nur ein Zeitabschnitt. Irgendwann freute ich mich wiederzukehren. Und inzwischen verspüre ich dabei so etwas wie Heimatgefühle.
Schwabenheim war meine Heimat. Vor 81 Jahren wurde dort mein Vater geboren, doch in meiner Zeit im Odenwald kamen wir nur selten dort hin. Durch einen Zufall wurde Schwabenheim meine Heimat, als meine Frau und ich 1999 dort ein Haus mieteten und bis letztes Jahr dort wohnten. Der Marktplatz, die Weingüter, die Weinberge, die Nachbarn.
Hawaii ist sehr, sehr weit weg. Auch Hawaii war ein Zufall. 1983 waren zwei Kameraden und ich über Ostern von El Paso aus dort und wollten einfach nur Palmen, Strand, Südsee. Ein günstiges Ticket im damaligen Preiskampf der Fluggesellschaften ließ uns einfach keine Wahl. Inzwischen komme ich gerne dorthin zurück. Palmen, Strand, Urwald, Vulkane, Sterne, Kulturen, Menschen. Menschen, die ich liebgewonnen habe. Auch wenn wir nur selten dorthin zurückkehren, so bekomme ich dann Heimatgefühle.
Seltsam, in El Paso lebte ich viel länger als ich die ganzen Jahre auf Hawaii war. Ich habe viele Erinnerungen an El Paso und meine Zeit dort. Aber Heimatgefühle verspüre ich keine. Wenn ich ein zweites Mal oder ein drittes Mal… wer weiß.
Seit letztem Jahr wohnen wir in Selzen. Die Sonnenaufgänge sind phänomenal (wenn wir keinen Nebel im Tal haben, wenn es nicht regnet, wenn…). Die Sonnenuntergänge sind phänomenal. Spazieren gehen in den Weinbergen ist der Wahnsinn (wenn der Matsch nicht die Schuhe überwuchert…). Wir haben uns, wir haben die zwei Katerjungs, es sind nur wenige Meter zum Christianshof und zu anderen “Locations”, wir haben Freunde gewonnen. Es geht uns gut.
“Heimat ist, wo ich WLAN habe” ist ein Spruch, den ich selbst gerne benutze. Doch WLAN ist nicht die Heimat sondern nur ein Stück Technik, ein Mittel zum Zweck. WLAN gibt mir eine Verbindung zu anderen Kulturen und Menschen und manchmal auch zu alten Heimaten.
Es sind Mikrokulturen und Menschen, die mich meine Wurzeln spüren lassen, die meine Heimat bilden. Ein Sonnenaufgang ist schön. Ein Sonnenuntergang ist schön. Doch Heimatgefühle sind mehr als die Summe aller Orte, aller Menschen und aller Kulturen. Meine Wurzeln sind meine Heimatgefühle.
Mehr kann ich dazu nicht schreiben. Ich kann es nicht.
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Eine Antwort auf „Heimatgefühle“
Ja, so ist es wirklich #hachz