Seit längerem beschäftige ich mich mit Produktivität im Büro, im Team, als Person. Die “Productivity-Bewegung” hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von Blogs, Ratgebern und Evangelisten hervorgebracht – die äußerst produktiv sind. Aber so einfach ist das mit der Produktivität nicht.
Ratschläge dazu, wie man produktiv sein kann und soll, gibt es in diesen Artikeln, Büchern, Magazinen zuhauf (beispielsweise dem Productive! Magazine). Sehr schnell wurde auch den produktivsten Protagonisten klar, dass es nicht nur um Produktivität im Sinne von Effizienz geht, also das Maximieren des Outputs bei gegebenem Input. Sondern es ist nicht nur wichtig wieviel sondern auch was man produziert. Das Richtige zu tun oder zu lassen bestimmt letztendlich mehr über die Produktivität als die Menge.
Also fühle ich mich gestärkt wie eine Spinne im Netz sitzend und verharrend. Überlegend. Sinnierend. Was packe ich an, um was kümmere ich mich, was tue ich wofür. Alles ganz einfach. Nein, das ist es eben nicht. Ich versuche, die Spinne zu sein, jeden Tag. Aber es gibt so viel Ablenkung und so viel Versuchung.
Beispielsweise die Versuchung, einfach etwas zu produzieren und sich in der Produktion dabei zu verlieren. Schreiben um des Schreibens willen. Wow, 5.000 Zeichen hat der Artikel schon! Wow, 20 Aufgaben habe ich für heute schon aus meiner ToDo-Liste abgehakt. Schwups, schon wieder bin ich in der Produktivitätsfalle. Mehr, mehr, mehr! Schneller, schneller, schneller! Weiter, weiter, weiter!
Aber irgendwie glaube ich nicht, dass die Spinne sich um jede Fliege, die in der Nähe rumfliegt, kümmert. Sie muss erst einmal ihr Netz bauen. Dann kommt ein heftiger Windstoß, oder ein blöder Mensch kommt dagegen, verklebt sich. Schon ist das Netz beschädigt. Außerdem ist es wahrscheinlich nicht so sehr wichtig, wie groß das Netz ist, sondern wo das Netz geknüpft ist. Es sollte nicht zu heftigen Winden ausgesetzt sein. In der Nähe sollten nicht zu viele Netze von anderen Spinnen sein. Und dann muss die Spinne geduldig sein. Und dann…
Irgendwie fühle ich mich wie so eine Spinne, die ihr Netz knüpft. Eigentlich sogar mehrere Netze für mehrere Sphären. Zu diesen Sphären gehören Geschäftsfelder wie Social Business aber auch persönliche Sphären wie Bekanntschaften außerhalb diese Netzes namens Internet (oder auch innerhalb oder auch sowohl als auch). Die Netze lassen sich oft gar nicht mehr so richtig auseinanderhalten.
Und ständig muss ich entscheiden, wo ich welche Netze wie baue. Und wie lange ich darauf hoffe, dass sich etwas/jemand darin verfängt. Eigentlich ist das ja ganz einfach, sich in den Produktivitätsmodus zu begeben:
- Think Thrive, Not Just Survive
- Invest More, Not Less
- Be a Realistic Optimist
- Don’t Toil In Isolation; Reach Out
- Think “I Can Do It,” Not “I Must.”
( Jan Bruce auf Forbes: 5 Productivity Hacks (Or, How To Stop Hating Work) )
Produktivtät hat also auch sehr viel mit der inneren Einstellung zu tun. Aber die Ablenkungen sind groß, die tradierte Erwartungshaltung projeziert sich wie von selbst auf die innere Haltung: “Schreib viel, baue größere Netze, baue mehr Netze!”
So funktioniert unsere tayloristische Gesellschaft nun einmal. Nur so manchmal sagt die Spinne im Netz: “Ich glaube, das reicht jetzt. So ist es gut.”
Und deswegen höre ich jetzt auf bei rund 3.500 Zeichen.
P.S.: Nicht, dass ich Euch als Fliegen betrachte, die in meinem Netz… 😀