Ich bin so voller Zorn. Wilder ungestümer Zorn breitet sich in mir aus. Dabei bin ich gar nicht so. Fast nie jedenfalls. Ich war immer mehr so der Introvertierte, vorsichtig abschätzend und dann und wann aus mir herauskommend. Mein Batteriechef schrieb in meiner ersten Beurteilung, ich sei „ein junger, introvertierter Offizier”, und er meinte, ich müsse mehr aus mir herausgehen. So mit den Jahren (so um die 40 inzwischen) habe ich das mehr oder weniger geschafft. Jedoch fast immer schaffte ich es, das wilde zornige Tier in mir zurückzuhalten.
Denn manchmal, da will der Zorn aus mir heraus. Ich bin selten zornig, weder in mir drin noch aus mir herauslassend. Selten, ganz selten, bricht er aus mir heraus (und immer bereue ich das). Meist merke ich, wie er in mir immer größer und ungestümer wird. Manchmal kommt er abrupt, manchmal schleichend, manchmal trommelnd. Manchmal merke ich es zu spät.
Doch in den letzten Jahren hat sich ein ganz besonderer Zorn entwickelt. Erst merkte ich ihn gar nicht. Doch bei manchen Gelegenheiten ahnte ich ihn. Es war zunächst eigentlich mehr … Unverständnis.
Wieso kapieren die das nicht? Wieso ignorieren die das alles? Was sind das für Typen?
Irgendwelche Pressekonferenzen, Veranstaltungen, Reden, schriftliche Ergüsse. Da wurde schwadroniert über Dinge, die nicht gingen, die nicht möglich seien. Oder über andere Dinge, die viel wichtiger seien, viel einfacher. Naturgesetze? Pah! Naturwissenschaft? Pah! Gesunder Menschenverstand? Pah! Dann auch noch die Art und Weise, wie über andere und deren Argumente schwadroniert wurde. Wie über andere hergezogen wird. Abfällig, ignorant, aggressiv. Sachliche und wahre Argumente, Respekt, Freundlichkeit? Pah!
Lindner, Wissing, Döpfner und wie sie alle heißen. Ich habe von denen so die Schnauze voll.
Und wenn ich irgendwann dann einmal mit dem Auto plötzlich bremsen und vor Klimaaktivisten stehen bleiben muss, dann werde ich sie vor meinem inneren Auge sehen, die wahren Klimaterroristen aus Politik und Wirtschaft. Zorn, so voller Zorn.
Und während ich ständig mich analysiere, abwäge, zuhöre, da lauert in unserer Gesellschaft bereits die Banalität des Bösen. Schleichend verbreitet sich das Böse, immer wieder ein klitzekleines Stückchen mehr, bis das Böse zur Üblichkeit wird, zur Normalität. Bis das Böse banal wird.
Lesetipp dazu: „Ratten” von Wolfgang Lünenbürger.