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Mac vs. PC bei IBM: Bullshit-Bingo mit Zahlen

Zwei Lager werden gegeneinander aufgestellt. Und die Leser und jeweiligen Evangelisten/Fans machen munter mit. Weil zwei Zahlen ja so aussagekräftig sind.

Stefan Pfeiffer benutzt gerne Apple-Hardware wie sein MacBook Pro. Stefan hat bei IBM seinen Mac-Rechner schon benutzt, als dies bei IBM geduldet aber nicht unterstützt wurde. Jetzt unterstützt IBM offiziell Apple-Hardware.

Stefan teilt auf Facebook einen Bericht darüber, dass Apple-Benutzer viel weniger Hilfe als PC-Benutzer benötigten. Das führt zu lebhaften Kommentaren und Diskussionen, nicht zuletzt aufgrund dieser Aussage:

Only 5% of IBM employees with MacBooks need help desk support from the IT department, versus 40% of PC users.

Stefan weist in seinem Blog auf die Kommentare hin.

Unbedingt die Kommentare anklicken! Die scheinen wohl nicht gleich eingeblendet zu werden, aber da liegt die Musik

Ja, gerne doch. Und danke für die Musik. Dort lassen sich meist die Facebooker sehr schnell dem Mac- oder dem PC-Lager zuordnen, auf Basis von Argumentationen oder auf Basis des Glauben 😀

Der verlinkte Bericht hat Erfolg, wie viele andere auch zu dem Thema. Quelle des Berichts ist laut Business Insider AppleInsider (Only 5% of Mac users at IBM need help desk support, compared to 40% of PC users). Quelle von AppleInsider ist ein Vortrag von Fletcher Previn, Vice President of Workplace-as-a-Service at IBM, auf der JAMF Nation User Conference in Minneapolis. In der Überschrift (Mac@IBM, Zero to 30,000 in 6 Months) steht zum ersten Mal eine Zahl auf die sich die “5% of IBM employees” beziehen könnten: 30,000 (also nach unserer Schreibweise 30.000). Welche 6 Monate gemeint sind, wird nicht erläutert. Im Artikel taucht die Zahl 30.000 nicht wieder auf. Wohl steht da:

Previn said that IBM is deploying 1,900 Macs per week and currently have 130,000 Macs and iOS devices in the hands of users.

Das lässt aber auch keinen Rückschluss auf die Anzahl der Macs oder der Benutzer zu. Immerhin steht da:

When they officially opened the door to their employee-choice program and began offering Mac on June 1st …

Das wären dann etwa 34.200 Macs, die seit Juni ausgeliefert wurden (1.900 x 18 Wochen). Beziehen sich die 5% dann also darauf? Haben also 4.200 Mac-User mehr als einen Mac? Aber seit Juni sind es noch keine sechs Monate. Und dann gibt es wohl sehr viele Mac-User bei IBM, die wie Stefan schon einen Mac hatten… Letztendlich bleibt mir die Basis für die prozentuale Berechnung unklar.

Aber ich nehme jetzt einmal die 5 Prozent und unterstelle, es sind ein paar zehntausend Mac-Rechner-Benutzer, auf die sich die 5 Prozent beziehen. Und die 40 Prozent beziehen sich auf eine wesentlich größere Basis. Es geht also bei beiden Prozentzahlen um eine ansehnliche Größenordnung in der Datenbasis.

Doch als Controller (ein mal Controller, immer Controller) sehe ich da immer noch nur zwei Zahlen, die in keinerlei Kontext stehen. In dem in Facebook verlinkten Artikel, dem zweiten dort als Quelle angegebenen Artikel und in dem dritten Artikel stehen nur platte Zahlen. Zahlen, die nach meinem Eindruck bei vielen Lesern gut ankommen. Well done, Journalismus. Auch wenn ihr nur einen anderen Bericht als Quelle habt, der einen anderen… und die “Urquelle” ist ein Bericht über einen Vortrag:

One stat that particularly stood out was that 5% of Mac users call the help desk, compared to 40% of PC users. This shows how simple it is for the staff at IBM to use the Mac platform, and reflects the hard work the team has done to make the experience seamless.

Da sind die ominösen 5 Prozent und die ominösen 40 Prozent. Und in dem Absatz ist eine Folgerung, die keine ist. Diese beiden Prozentzahlen können noch so sehr in Bezug zueinander gesetzt werden: SIE SAGEN NICHTS AUS, wonach es so einfach ist für Mitarbeiter bei IBM die Mac-Plattform zu benutzen. AUCH ZEIGT ES NICHT, dass das Team dort eine harte Arbeit hinter sich hat, um die Erfahrung makellos zu machen. Diese Folgerung ist absolut hirnrissig, ich sehe nichts, was diese Folgerungen rechtfertigen würde. Nichts, absolut nichts zeigt mir, was die Ursachen für die 5 Prozent beziehungsweise 40 Prozent sind und was mir Folgerungen erlauben würden.

Also Controller sehe ich jedoch jede Menge Fragen, deren Antworten einen Hinweis auf solche oder andere Folgerungen liefern könnten:

  • Wie ist die Zusammensetzung der jeweiligen Benutzer (Einsatzgebiet, IT-Kenntnisse) von Mac- und PC-Rechnern?
  • In welcher Konfiguration werden die Geräte (Mac/PC) eingesetzt (welche/wieviele Anwendersoftware, welche/wieviele Peripheriegeräte)?
  • Wofür werden die jeweiligen Geräte (Mac/PC) eingesetzt (nur Mail abrufen, Controlling, Konzeptarbeit …)?
  • Wie häufig und wie intensiv nutzen die Benutzer ihre Geräte? Benutzen etwa die PC-User ihre Geräte im Durchschnitt acht Mal so häufig und intensiv wie Mac-User die ihren?
  • Wieso haben die Anwender den Help Desk Support benötigt, was waren die Gründe (Hardware, Anwendersoftware, unzureichendes Anwenderwissen…)?
  • Wie oft haben die Anwender den Help Desk Support wegen ihres Problems kontaktiert?
  • Wie lange dauerte die Lösung des Problems (vielleicht dauert die Lösung des Problems
  • Wie hoch war der Aufwand zur Lösung der Probleme?
  • Wie sieht die Altersstruktur der jeweiligen Hardware aus (beispielsweise nur neue Macs und viele sehr alte PCs?)?
  • Wie gut ist die Supportqualität hinsichtlich Mac und PC bei den Mitarbeitern im Support? Beispielsweise könnte sich das PC-Know-How im 1st Level Support auf reine „historisch gewachsene“ FAQs zur Abklärung und Weiterleitung an den 2nd Level Support beschränken, während der Mac-Support jetzt auf frische Schulungen und neue Materalien bauen könnte.

Alle Kriterien würde ich in Bereiche aufgeteilen (beipielsweise beim Gerätealter in Jahresschritte), und die Mac- beziehungsweise PC-Kriterien und -Bereiche würde ich zueinander in Bezug setzen. Und diese „nackten Zahlen“ würde ich durch Recherchen (beispielsweise im Help Desk Support) validieren. Dann würde ich mich als Controller trauen, Folgerungen und Rückschlüsse zu ziehen. Dann würde ich Zahlen mit entsprechenden Hinweisen auf Ursachen nennen.

In den vielen Artikeln finde ich vor allem eines: Den Willen zur Sensation. Keine saubere Ursachendarstellung. Vielleicht wären die „40 Prozent“ bei den PC-Benutzern durch eine Verbesserung von Support, Hardware, Software ebenfalls auf „5 Prozent“ zu bringen. Vielleicht auch noch nicht einmal auf 39 Prozent.

Insofern werte ich die Aussage mit den beiden Prozentzahlen (5, 40) weder als gut noch als schlecht noch als Pro oder Contra der einen oder der anderen “Seite”. Weil das eben nur zwei Zahlen ohne Kontexte sind, die erläutern, warum es zu diesen Zahlen kommt.

Hier wird Bullshit-Bingo mit Zahlen betrieben. Und zwei angeblich “verfeindete” Lager gegeneinander aufgestellt werden. Und die Leser und jeweiligen Evangelisten/Fans machen munter mit. Weil zwei Zahlen ja so aussagekräftig sind.

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Von Der Schreibende (Frank Hamm)

Der Schreibende (* 1961 in Ingelheim am Rhein als Frank Hamm) ist Kultur- und Weinbotschafter Rheinhessen, Autor und Wanderblogger | #Blogger, #Jogger, #SunriseRun & #Wandern | #Rheinhessen & #Hawaii Fan. Ich lebe in der Ortsgemeinde Selzen in #Rheinhessen, ca. 15 km südlich von #Mainz. Beiträge dieses Blogs werden automatisch im Fediverse als @frank@derschreiben.de geteilt. Kommentare erscheinen nach Freischaltung beim Blogartikel. Als Person findest Du mich im Fediverse unter DerEntspannende@Digitalcourage.social. Im Blog Der Entspannende berichtet ich über das Entspannen bei Wandern, Genuss und Kultur.