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Corona-Virus: Wie viel ist zu wenig, wie viel zu viel?

Ich weiß es nicht. Ich weiß allerdings, dass vieles in unserem Leben einer Versicherung gleicht.

Ich weiß es nicht.

Ich weiß allerdings, dass vieles in unserem Leben einer Versicherung gleicht. Also nicht nur im gesetzlichen und eigentlichen Sinn wie einer Privathaftpflichtversicherung, einer Krankenversicherung oder einer KFZ-Versicherung.

Sondern auch im übertragenen Sinn. Wir kaufen manchmal etwas auf Vorrat ein und wollen damit sicher gehen, dass wir zum entsprechenden Zeitpunkt die Ware haben. Das kann etwas ganz Banales sein. Ich habe mir angewöhnt, mir neue Druckerartuschen zu holen, kurz nachdem ich eine neue Druckerkartusche für Schwarz oder für Farbig eingelegt habe. Ich bin manchmal etwas vergesslich, und ich will vermeiden, dass ich ausgerechnet in einer eiligen Situation nur noch eine leere Druckerkartusche im Drucker habe. Ich will auch vermeiden, dass ausgerechnet kurz vorm Ende der aktuellen Kartuschen die günstigen Kartuschen nicht lieferbar sind.

Kaffee ist auch so ein Versicherungsfall bei mir. Ich versichere mich immer, dass mindestens ein Kilogramm Kaffeebohnen zusätzlich zur angefangenen Packung im Haus sind – oder zumindest kaufe ich kurz darauf eine neue Packung. Manchen Personen reicht es, dann Kaffeebohnen zu kaufen, wenn sie die letzte Füllung in den Kaffeevollautomaten schütten. Manche haben immer fünf oder sechs Kilogramm Kaffeebohnen im Haus. Manchmal nicht, weil sie Angst davor haben, dass ihnen der Kaffee ausgeht, sondern weil sie sich versichern, mit der entsprechenden Menge und Gelegenheit, den Kaffee besonders günstig einzukaufen.

Im Alltag nehme ich ständig Einschätzungen vor und entscheide mich dann. Die meisten Entscheidungen sind nicht besonders kritisch oder betreffen keinen hohen monetären Wert. Manche sind schon „wichtiger“. Ich treffe meine Entscheidungen in aller Regel aufgrund von drei Kriterien:

  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, ob ein Risiko eintritt?
  • Was sind die Auswirkungen, wenn das Risiko eintritt?
  • Wie viel kostet es mich an Aufwand oder Geld, um das Risiko und seine Folgen abzumildern?

Beispiel KFZ-Versicherung

Da gibt es beispielsweise die KFZ-Haftpflicht-Versicherung, um die ich nicht herum komme. Dann gibt es Teilkasko und Vollkasko.

Einen Neuwagen versichere ich immer mit Vollkasko. Ein Klassiker ist 300 € Selbstbeteiligung bei Vollkasko und 150 € Selbstbeteiligung bei Teilkasko. Einfach, oder?

Nein. Weil jede Versicherung andere Konditionen und Kriterien für eine Versicherung anbietet. Beispiele für mögliche Kritereien:

Hausbesitzer, Garage, Stellplatz, Beruf, jährliche Fahrleistung, Alter und Anzahl der Fahrer, Auswahl der Werkstatt nur durch Versicherung, Anzahl der versicherten Wagen bei der Versicherung, enthaltener Schutzbrief (mit weiteren Konditionen und Kriterien), komplette Erstattung als Neuwagen innerhalb von x Monaten, Standort.

Da wird es schnell unübersichtlich. Zwei Versicherungen, ähnliche Konditionen und Kriterien, gleicher Jahresbetrag. Aber eben nur ähnlich. Bei einem Versicherer habe ich dann nur 12 Monate Neuwagenerstattung, beim anderen sind es 24 Monate. Eigentlich will ich den Versicherer, der nur 12 Monate bietet. Aber es gibt eben andere Konditionen, die für mich wichtig sind. Die 24 Monate können es auch sein. Wie viel kostet mich das mehr zu versichern? Wie wahrscheinlich ist es, dass so ein Schaden in den Monaten 13 bis 24 eintritt? Was kostet es mich, wenn ich dann diese Monate nicht versichert habe.

Entscheidungen über Entscheidungen.

Bei fast allen Entscheidungen im Alltag geht es „nur“ um ein Risiko mit einem wirtschaftlichen Schaden. Es gibt andere Schäden. Beispielsweise Schäden an meiner Gesundheit, an meiner Freiheit oder sogar an meinem Leben.

Ich war einige Jahre eine Führungskraft in der größten Versicherungsorganisation Deutschlands. Ich war Offizier in der Bundeswehr. Die Bundesrepublik Deutschland (und damit ihre Bürger) hat sich mit der Bundeswehr gegen Schaden an ihrer territorialen Integrität und damit gegen Schaden an der Demokratie und der Freiheit in Deutschland versichert. Und auch gegen Schaden an der körperlichen Unversehrtheit ihrer Bürger. Das hat sehr viel mit Einschätzungen und Meinungen zu tun, was auch zu unterschiedlichen Entscheidungen geführt hat und weiterhin führen wird.

Zu meiner Zeit wurde ständig darüber diskutiert, wie viel Bundeswehr zu wenig, und wie viel Bundeswehr zu viel sei. Die Diskussion hat nicht aufgehört. Die Konditionen haben sich geändert. Manche Kriterien haben sich geändert. Wahrscheinlichkeiten (die gerade in dem Bereich sehr viel mit Einschätzungen zu tun haben) haben sich geändert. Das passiert immer noch und ständig.

Es ist immer sehr herausfordernd, eine solche oder ähnliche Versicherung abzuschließen und dafür die Wahrscheinlichkeiten, die möglichen Folgen, die Konditionen und die Kriterien zu beurteilen. Solche Beurteilungen fallen sehr unterschiedlich aus.

Informationen

Egal, welche Versicherung es gilt abzuschließen, gibt es etwas, was die Basis für jegliche Einschätzungen und Beurteilungen sein sollte: Informationen einholen und auswerten.

Wenn es Zahlen aus der Vergangenheit gibt: Super. Dann kann ich mit Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt von Risiken und für die Schäden „rechnen“. Wenn nein: Dann muss ich Annahmen treffen und mit Szenarien arbeiten. Wie wahrscheinlich war es damals, dass es zu einem konventionellen Krieg zwischen NATO und Warschauer Pakt kommen könnte? Was beispielsweise wäre passiert, wenn es zu einem rein konventionellen Krieg zwischen NATO und Warschauer Pakt gekommen wäre? Wie hoch wären die Schäden gewesen, welche Schäden wären es gewesen? Wie hätte wer wann womit reagiert? Aber was genau war „damals“? Kurz nach der Enttarnung eines Spions drüben oder hüben? Nach dem militärischen Eingreifen des einen oder des anderen in welcher Region mit welchen Mitteln? Was kostet uns in den verschiedenen Szenarien die „Versicherung Bundeswehr“?

Dazu gab es Studien und Szenarien ständig in beiden militärischen Machtblöcken. Auch von zivilen Organisationen wie SIPRI oder THW. Ständig wurden Informationen eingeholt und gewonnen, bewertet, verworfen, umbewertet. Auch Personen haben Informationen eingeholt und bewertet. Und anders bewertet und sich auch zusammengeschlossen, um ihre Bewertung durchzusetzen.

Aber welche Informationen sind richtig, wichtig und relevant? Wer sind die Quellen der Informationen? Was davon sind „Fake News“, die gezielt oder aus Lust und Trollerei eingestreut wurden?

Versicherungen sind unsicher, darüber sollte sich niemand eine Illusion machen. Umso wichtiger ist es, nicht nur möglichst viele relevante und wichtige Informationen einzuholen, sondern auch, sie zu bewerten und zu beurteilen und sie zu filtern.

Heute. Genau jetzt.

Genau heute und genau jetzt werden ständig Informationen gewonnen eingeholt, verbreitet und bewertet und … Unsicherheit entsteht.

Sehr viele unterschiedliche Entscheidungen werden aufgrund sehr unterschiedlichen Informationen getroffen. In solchen Situationen ist es besonders wichtig, auf bewährte, zuverlässige Quellen zurückzugreifen. Zuverlässige Quellen haben sich mit ihren Informationen in der Vergangenheit bewährt. Deren Informationen haben sich immer wieder als korrekt bewährt. Will ich auf Informationen einer neuen Quelle zurückgreifen, muss ich die Quelle bewerten. Wenn ich das nicht tue, bekomme ich vielleicht ein „Kuckucksei“ gelegt, was auch mich als Quelle diskreditiert.

Auch bei zuverlässigen Quellen kann es zu fehlerhaften Informationen kommen. Denn jede Quelle beurteilt die Belastbarkeit seiner eigenen oder fremdgewonnenen Informationen und kann sich dabei irren.

Sich in der aktuellen Situation jedoch auf unbekannte oder gar unzuverlässige Quellen zu verlassen, heißt: Ich schließe eine Versicherung ab, ohne Risikowahrscheinlichkeit, Schaden und Kosten wirklich einschätzen zu können.

Die offiziellen Stellen wie Ministerien, Institute oder Nachrichtenstellen stehen jetzt aufgrund der schnellen Entwicklung unter dem Druck, ständig Informationen einzuholen, zu bewerten und zu entscheiden.

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, ob das Coronavirus sich als Pandemie verbreitet? Es ist keine Wahrscheinlichkeit, sondern Gewissheit.

Was sind die Auswirkungen für die nächsten Wochen und Monate? Eine Million Menschen in Deutschland werden intensiv behandelt werden müssen. Wie sich das zeitlich verteilt, hängt von getroffenen Maßnahmen ab.

Wie viel kostet es an Aufwand oder Geld, um das Risiko und seine Folgen abzumildern? Nach aktuellem Stand und meiner Einschätzung (sic!): Sehr hohen Aufwand, sehr viel Geld, sehr viele Erkrankte und viele Tote. Und das in Abhängigkeit von den getroffenen Maßnahmen.

Je rigoroser die Maßnahmen (Schule, Bars etc. schließen, keine Veranstaltungen etc.) sind, desto höher sind die „Versicherungsprämien“, die jedes Land zu bezahlen hat – also beispielsweise die Wirtschaft. Desto geringer sollten aber die Auswirkungen (Tote!) sein, vor allem im Zeitablauf.

Je weniger rigoros die Maßnahmen sind, desto geringer sind die „Versicherungsprämien“ – zumindest anfangs. Wenn sich Informationen und darauf basierende Einschätzungen als zu übertrieben herausstellen, haben wir Glück gehabt. Andernfalls trifft es uns umso heftiger. Dann trifft es jedoch nicht nur die Wirtschaft, sondern vor allem auch Menschenleben!

Diese „Versicherungseinschätzungen“ werden ständig von den offiziellen Stellen vorgenommen. Das hat in Rheinland-Pfalz beispielsweise zu den Entscheidungen Ende letzter Woche geführt (wie dem Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 75 Teilnehmenden) oder der Ansprache Ministerpräsidentin Malu Dreyers. Ich gehe davon aus, dass es zu weiteren Einschätzungen und Entscheidungen kommen wird, so dass beispielsweise in Rheinland-Pfalz wie im Saarland alle Bars geschlossen werden. Es werden Entscheidungen getroffen (werden), die schwer umzusetzen sind. Oder deren Umsetzung unklar oder unrealistisch ist.

Mir ist es lieber, eine Maßnahme ist zu rigoros (sofern diese Betrachtung im Nachhinein möglich ist), als dass beispielsweise das Gesundheitssystem zusammenbricht und es zu sehr vielen Toten kommt (was eines von vielen Szenarien ist).

Auch ich nehme ständig Einschätzungen für mein persönliches Verhalten vor. Ich denke dabei sowohl an meine Gesundheit, aber genauso an die Gesundheit anderer, wie beispielsweise die meiner Mutter. Auch ich ändere meine Einschätzungen.

Aber ich bin nicht bereit, meine Einschätzung aufgrund von irgendwelcher Aussagen irgendwelcher Trolle, Trotzköpfe oder Verschwörungstheoretiker vorzunehmen.

Quellen zum Corona-Virus

Mir fällt auf, wie hektisch, manchmal geradezu panisch, manche Menschen zum Thema Corona-Virus (re)agieren. Oft basiert die Panik auf Unwissenheit, falschen Informationen oder unzuverlässigen Quellen.

Ich habe eine Linksammlung mit für mich zuverlässigen Quellen zum Corona-Virus zusammengestellt. Dazu gehören Institute, Ministerien und Länderportale (z.B. RLP mit Link zur Ansprache Malu Dreyers am Freitag).

https://fwhamm.de/themen/corona

Ich würde mich freuen, wenn Dir das beim Informieren und Einschätzen hilft.

Falls Du eine weitere Quelle hast, die da reinpassen könnte, kannst Du mir gerne die Info dazu geben.

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Von Der Schreibende (Frank Hamm)

Der Schreibende (* 1961 in Ingelheim am Rhein als Frank Hamm) ist Kultur- und Weinbotschafter Rheinhessen, Autor und Wanderblogger | #Blogger, #Jogger, #SunriseRun & #Wandern | #Rheinhessen & #Hawaii Fan. Ich lebe in der Ortsgemeinde Selzen in #Rheinhessen, ca. 15 km südlich von #Mainz. Beiträge dieses Blogs werden automatisch im Fediverse als @frank@derschreiben.de geteilt. Kommentare erscheinen nach Freischaltung beim Blogartikel. Als Person findest Du mich im Fediverse unter DerEntspannende@Digitalcourage.social. Im Blog Der Entspannende berichtet ich über das Entspannen bei Wandern, Genuss und Kultur.

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