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Mobilität

Ich sitze im Zug nach Stuttgart zum EnjoyWorkCamp #EWC15S. Eingestiegen bin ich in Nackenheim. Die Fahrt geht mit der Regionalbahn am Rhein entlang nach Mannheim, wo ich in einen ICE einsteige. Von mir zuhause bis zum Bahnhof in Nackenheim brauchte ich mit dem Auto etwa 15 Minuten, vom Bahnhof in Stuttgart bis zum Hotel brauche ich mit der S-Bahn und einem Stück zu Fuß etwa 15 Minuten. Insgesamt bin ich etwa zweieinhalb Stunden unterwegs. Das Zugticket (Sparticket mit Zugbindung) hat inklusive Platzreservierungen 52,50 Euro gekostet (Nachtrag: Für die 12-km-Fahrt von Selzen nach Nackenheim und zurück kommen noch 3,60 Euro dazu).

Ich hätte auch mit unserem Auto nach Stuttgart fahren können. Von zuhause bis zum Hotel sind es etwa 200 Kilometer, für die ich laut Google Maps je nach Verkehr zwei bis zweieinhalb Stunden brauchen würde. Meine Erfahrung sagt mir, dass es zwischen zweieinhalb und drei Stunden geworden wären. Das ist einfach so. Und selbst, wenn es nur zwei Stunden wären: Außer zu Musik oder Podcast hören und vor mich hin sinnieren wäre ich zu nichts anderem außer Auto fahren gekommen. Hin und zurück sind es etwa 400 Kilometer. Unser Golf Diesel (nein, kein #Dieselgater, er ist älter) braucht bei ausgeglichener Fahrweise etwa 6 Liter pro 100 Kilometer. Der Liter Diesel kostet derzeit etwa 1,10 Euro pro Liter. 24 Liter kosten damit etwa 26,40 Euro. Aber das wäre eben nur der Kraftstoff. Der Steuerliche Satz von 30 Cent pro Kilometer mag für manche Fahrzeuge – und auch für unseren Golf – etwas zu hoch sein. Doch mit Abschreibung, Inspektionen, Reparaturen, Reifenwechseln (gerade haben wir wieder einen neuen Satz Winterreifen gekauft) und anderen “Kleinigkeiten” … Ich schätze, 100 Euro Fahrtkosten für Nackenheim, Stuttgart und zurück wären okay.

Etwa die gleiche Fahrtzeit aber nur halb so hohe Kosten. Das spricht in diesem Fall eindeutig für die Bahn. Diese Fahrt ist unkritisch. Ich benötige keine Flexibilität, so dass ich sehr wahrscheinlich keinen anderen Zug benötige und auch nicht stornieren muss. Bei anderen Terminen ist das anders. Auch spielt die Anbindung eine Rolle: Nicht immer habe ich nur einen Umsteigebahnhof. Und nicht immer ist die Bahn pünktlich seufz, insbesondere was Anschlusszüge angeht.

Aber für solche Termine, die ich fest planen kann, und wo der Veranstaltungsort in einer Entfernung von mindestens zwei bis drei Stunden von Nackenheim ist, da lohnt sich Bahnfahren. Bei anderen Terminen spielen Wochentag und Uhrzeit eine Rolle. Zum CorporateLearningCamp beispielsweise fuhr ich Freitags mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und benötigte zwischen eineinhalb und zwei Stunden für die einfache Strecke. Samstags benutzte ich das Auto und benötigte etwa 50 Minuten für die einfache Strecke (und konnte währenddessen weder twittern noch auf meinem Kindle lesen).

Kurzstrecken sind mit den öffentlichen Verkehrsmitteln von Selzen aus problematisch. Mit dem Bahnbus brauche ich bis zum Mainzer Hauptbahnhof zwischen 30 und 45 Minuten (je nachdem wo er überall hält). Zur Bahnstrecke am Rhein (wie beispielsweise zum Bahnhof Nackenheim) sind es etwa 15 Minuten, aber ich brauche ein Auto. Will ich nur mal nach schnell zum Einkaufen, dann brauche ich ein Auto. Selzen ist ein Dorf, das kein einziges Geschäft mehr hat. Einerseits haben die Jungen vor 20 oder 30 Jahren begonnen, zur Arbeit zu ziehen. Andererseits gab es Zuzug durch Neubaugebiete. Doch die Zugezogenen wohnen hier nur. Es gibt ein Vereinsleben, aber für Geschäfte lohnt es sich einfach nicht. Es sei denn, ein Supermarkt so wie der Wasgau in Mommenheim macht auf und hat ein großes Einzugsgebiet. Verkehrsmäßig günstig liegt der Einkaufsmarkt an der Rheinhessenstraße, so dass viele Berufspendler dort auf dem Nachhausewege am Abend ihre Einkäufe erledigen. Oder am Samstag mit der Familie zum Einkaufen fahren. Oder gleich nach Mainz mit dem Auto in nur 25 Minuten.

Also die Bahn(en). Selbst weitere Strecken sind oft vorteilhafter mit der Bahn anstelle mit dem Flugzeug. Wollte ich mit dem Flieger nach München … ich bräuchte insgesamt länger als mit der Bahn. Berlin ist eine Reise mit dem Flieger wert. Aber auch da hält es sich zeitlich so ziemlich die Waage. Kostenmäßig ist mal die Bahn und mal der Flieger günstiger.

Also die Bahn. Bleiben die Kurzstrecken und Fahrten beispielsweise zu meiner Mutter im Odenwald. Mit der Bahn bräuchte ich wahrscheinlich fast zwei Stunden. Zu den Uhrzeiten, die ich fahre, schaffe ich es mit dem Auto regelmäßig in 70 bis 85 Minuten.

Also eigentlich brauche ich nur ab und zu und für Kurzstrecken ein Auto. Oder vielleicht einmal für den Urlaub wegen der Flexibilität. Aber dafür brauche ich ein Auto.

Hätte mich jemand vor fünf Jahren gefragt, ob es denn ein eigenes Auto sein müsse, hätte ich “JA” gerufen. Und hätte es damals schon so wie heute den Tesla S und den Ausblick auf das Tesla Model 3 gegeben, dann hätte ich gerufen: “Das nächste Auto wird ein Tesla!” Mit unserem Vermieter hätte ich abgesprochen, dass er mir einen Stromanschluss an die Hauswand legt. Da hätte er sicherlich mitgezogen. Ach, was heißt hier “vor fünf Jahren”?

Ich verfolge die Fahrberichte von beispielsweise Frank Roebers oder Martin Oettinger über ihre Teslas. Mann, also ich als Mann, will als nächstes Auto einen Tesla Model 3. Der soll um die 35.000 Dollar kosten, wenn er dann ab 2017 ausgeliefert wird. Das ist zwar (für uns) immer noch viel Geld, aber … hey, es ist ein Tesla! Kein popeliges deutsches Auto mit einem Verbrennungsmotor und einem Markenimage, das bestenfalls “groß, dick, soundig, spritfressend, rückständig” ist. Oder für solide deutsche Wertarbeit mit Verbrennungsmotor (und rückständig) steht. Bei den deutschen Autoherstellern hat sich insgesamt nicht viel getan in den letzten 20 Jahren – außer schneller, weiter, luxuriöser, besser. Aber eben nicht anders.

Aber für so ein neues Auto (welches auch immer) ein paar zehntausend Euro ausgeben? Wenn der technische Fortschritt immer schneller fortschreitet, dann ist so ein Neuwagen in drei Jahren vielleicht nicht nach zwei Jahren sondern sogar nach einem Jahr veraltet. In zwei oder drei Jahren ist vermutlich ein Nachfolger für den Golf Diesel fällig. Vielleicht auch erst in vier Jahren. Vielleicht würde auch ein guter Gebrauchter reichen. Aber dann gibt es eben noch keine guten gebrauchten Tesla Model 3. Ich, nein, wir wollen keine Sprit-Stickstoff-und-was-auch-immer-Schleuder mehr.

Erst am Wochenende haben die allerbeste aller Ehefrauen und ich uns darüber unterhalten. Eigentlich wollen wir kein Auto haben. Wir wollen nur irgendwo hinkommen. Zur Arbeit. Zum Termin mit dem Kunden. Zu Freunden. Ins Kino. In den Urlaub. Aber dafür brauchen wir kein eigenes Auto. Wir wollen Mobilität und kein Auto.

Für größere Strecken können wir mit der Bahn fahren. Für kürzere Strecken nehmen wir uns ein Robotaxi. Die gibt es in fünf bis zehn Jahren, davon bin ich überzeugt. Bis dahin muss es halt ein “normales” Taxi mit Fahrer sein. Aber irgendwann kommen die Robotaxis – selbstfahrende Fahrzeuge mit Elektroantrieb. Die Robotaxis brauchen wenig Wartung. Sie müssen vor allem nicht am Abend irgendwo hinfahren, weil die Übergabe des Wagens an den nächsten Fahrer erfolgen muss. Oder weil der Wagen in die Taxizentrale zurück muss. Getankt wird überall, wo es automatische Ladesäulen gibt. Die werden vom Robotaxi rechtzeitig reserviert. Dann fährt das Robotaxi an, das Ladekabel geht selbstständig an die bereits geöffnete Ladeklappe. So ein Robotaxi kann in der ganzen Bundesrepublik rumfahren, bis es dann mal wieder eine Wartung braucht. Wischwasser wird von Personal an klassischen Tankstellen aufgefüllt, mit den Tankstellen gibt es einen Dienstleistungsvertrag. Übergangsweise, bis das die Ladestellen automatisch erledigen können. Oder es werden einfach an den Ladestellen die leeren Wassertanks und die leeren Akkus gegen volle per Robotarm ausgetauscht.

Soweit meine, unsere Vision, wie es in fünf bis zehn Jahren aussieht. Mittelstrecken und Langstrecken mit selbstfahrenden Zügen (oder Fliegern), ansonsten mit Robotaxis.

Bis dahin werden wir entweder doch unsere Autos bis zum bitteren Ende fahren oder eines nach dem anderen abschalten und durch Taxifahrten zu öffentlichen Verkehrsmitteln ersetzen. Oder doch übergangsweise noch einen Tesla kaufen. Bis wir überall diese Robotaxis haben. Wir werden sehen.

Mobilität im Zug
Mobilität im Zug

Auf eines jedenfalls freue ich mich schon: In den Autos von morgen kann ich in aller Ruhe einen Artikel schreiben. So wie diesen hier im Zug. Sowas geht einfach nicht, wenn man selbst fährt.

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Von Der Schreibende (Frank Hamm)

Der Schreibende (* 1961 in Ingelheim am Rhein als Frank Hamm) ist Kultur- und Weinbotschafter Rheinhessen, Autor und Wanderblogger | #Blogger, #Jogger, #SunriseRun & #Wandern | #Rheinhessen & #Hawaii Fan. Ich lebe in der Ortsgemeinde Selzen in #Rheinhessen, ca. 15 km südlich von #Mainz. Beiträge dieses Blogs werden automatisch im Fediverse als @frank@derschreiben.de geteilt. Kommentare erscheinen nach Freischaltung beim Blogartikel. Als Person findest Du mich im Fediverse unter DerEntspannende@Digitalcourage.social. Im Blog Der Entspannende berichtet ich über das Entspannen bei Wandern, Genuss und Kultur.